Roberto Baggio

#1
Der Mann, durch den ich Fußball angefangen habe zu spielen, durch den ich zum Juve Fan wurde, durch den ich Tränen verlor bei der WM 1994, der am Sonntag sein 200. Serie A Tor machte, der bald seine Karriere an den Nagel hängt.

Für mich war er der größte Fußballer aller zeiten und wird es auch bleiben, egal wer kommen mag.





Es ist ein Happyend – wie in einem kitschigen Film. In der vorletzten Minute passt der Österreicher Schopp an die Strafraumgrenze zurück, wo e r steht: Roberto Baggio, «il fantasista», «la legenda», «la poesia», wie sie ihn in Italien schwärmerisch nennen. Dieser nimmt den Ball an, umdribbelt den portugiesischen Nationalspieler Couto und schiesst mit seinem schwächeren linken Fuss präzise in die linke Ecke. Brescia 2, Lazio 0. Das Stadion Mario Rigamonti in Brescia bebt. Über 15 000 Zuschauer springen in die Höhe und jubeln der leicht ergrauten Nummer 10 von Brescia Calcio begeistert zu. Der Applaus will nicht enden. «Roberto, non lasciarci!» («Roberto, verlass uns nicht») singen sie in der Fankurve in einer Mischung aus Wehmut und Hoffnung, als Baggio nach Spielschluss zusammen mit seinen Mannschaftskollegen eine Ehrenrunde dreht. Der Gehuldigte weiss, was er dem Provinzklub und seinem Anhang schuldig ist. «Heute applaudiere ich. Danke für alles. Roberto Baggio», steht auf einem riesigen Transparent geschrieben, das von Junioren des Heimklubs quer durchs Stadion getragen wird.


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Eine Provinzstadt am Rande der Poebene nimmt an diesem Maisonntag Abschied von seinem Idol. Ende Saison ist Schluss. Das hat Roberto Baggio schon im Winter angekündigt. Das Knie, sechsmal operiert, schmerzt zu stark, um noch eine weitere Saison anzuhängen. Kein anderer Spieler der Serie A hat die Massen derart entzückt wie Baggio. «Il Divin Codino», das göttliche Pferdeschwänzchen, nennen ihn die Tifosi von Varese bis Reggio di Calabria zärtlich. Der 37-Jährige ist so etwas wie die Lichtgestalt in einer Liga, die von einem Skandal zum anderen taumelt und in der es von Selbstdarstellern, Finanzjongleuren und windigen Beratern nur so wimmelt. Dies ist deshalb erstaunlich, als auch Baggio nicht frei von Widersprüchen ist. Er ist seit vielen Jahren bekennender Buddhist, gleichzeitig aber auch passionierter Jäger, der im heimischen Veneto oder auf seiner Hacienda in Argentinien nicht selten Hasen und Enten auflauert. Er gilt als schweigsam und introvertiert, gleichzeitig rechnet er in seiner Autobiografie «Una porta nel cielo» («Ein Tor im Himmel») gnadenlos mit seinen schlimmsten Feinden ab – den Trainern.
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Roberto Baggio, das verkannte Genie. Ihn in der Mannschaft zu haben war für die meisten Trainer mehr Fluch denn Segen. Sie mochten wegen des unberechenbaren Individualisten nicht ihr gesamtes taktisches Konzept über den Haufen werfen. So verwundert es nicht, dass sich Baggio reihenweise mit seinen Ausbildnern überwarf. Arrigo Sacchi, Fabio Cappello, Marcello Lippi: Sie alle wünschten Baggio früher oder später zum Teufel, obwohl er regelmässig seine Tore erzielte. Nur ein Coach gab ihm die Nestwärme, die der hochsensible Fussballer begehrte: Carlo Mazzone. Ihm folgte Baggio nach missglückten Gastspielen bei den Mailander Grossvereinen AC und Inter zu den Kleinklubs Bologna und Brescia.
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Roberto Baggio hat in seiner fast 20-jährigen Fussballkarriere unzählige Tore geschossen. Allein in der Serie A sind es bis zum heutigen Tag 205; für die Nationalmannschaft hat er in 56 Spielen 27-mal getroffen. Den meisten Leuten in Erinnerung ist er aber eines fatalen Fehlschusses wegen. Am 17. Juli 1994, an einem brütend heissen Nachmittag im kalifornischen Pasadena, schiesst Italiens Captain den letzten Penalty weit über das Tor – Brasilien ist Weltmeister, Italien weint. Die Bilder von Baggio, der, die Hände in die Hüften gestützt, ungläubig zum Himmel hochblickt, gehen um die Welt. Unglaublich, aber wahr: Das fussballverrückte Italien verzeiht seinem tragischen Helden das Missgeschick. Das mag damit zusammenhängen, dass Baggio glaubwürdig schildert, wie ihn Trainer Sacchi vor dem Final eine halbe Stunde auf dem Platz herumhetzte, um zu testen, ob der angeschlagene Spielmacher wirklich fit sei.
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Der Penaltyfehlschuss von Pasadena ist irgendwie symptomatisch für die internationale Karriere Baggios. Er wurde wohl zweimal italienischer Meister, gewann mit Juventus den Uefa-Cup und wurde 1993 als weltbester Fussballer ausgezeichnet, doch zu einem ganz grossen Titel reichte es ihm nicht.

Roberto Baggio, der Schweiger. «Ich rede nur, wenn ich etwas Wichtiges zu sagen habe», erklärte er vor ein paar Wochen in einem der raren längeren Interviews, die er Italiens Fussballfibel, der «Gazzetta dello Sport», gewährte. Bei seinem letzten Auftritt in Brescia hat er keine Lust, sich mit den wartenden Journalisten zu unterhalten. Die rund 50 Presseleute müssen sich mit den paar Sätzen begnügen, die er in ein Mikrofon des Staatssenders RAI gesprochen hat. Ob wirklich das letzte Wort gesprochen sei wegen des Rücktritts, will der Reporter wissen. Er lebe in einem inneren Krieg, aber er glaube nicht, dass er seine Meinung ändern werde, erklärt Baggio mit ruhiger Stimme.
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Ähnlich tönte es am 28. April in Genua. An diesem Abend spielte Baggio nach über fünf Jahren Absenz noch einmal für die Squadra Azzurra. Giovanni Trapattoni, der an der WM 2002 mit Alessandro del Piero auf eine andere hamletsche Figur des italienischen Calcios gesetzt und Baggio zuhause gelassen hatte, verhalf ihm zum Abschiedsspiel. Prompt wurde «Trap» nach dem 1:1 gegen die starken Spanier bestürmt, er müsse «Roby», der ein beachtliches und vor allem viel beachtetes Comeback gegeben hatte, unbedingt nach Portugal mitnehmen. Medienprofi Trapattoni liess sich nicht aus der Reserve locken: Baggio habe gut gespielt, doch er bleibe hinter Totti, del Piero und Cassano die Nummer 4. «Bleibt Baggio demnach zuhause?» hakte ein Journalist nach. Trapattonis sibyllinische Antwort: «Sag niemals nie.» Der Angesprochene selber mochte keine grosse Polemik entfachen: «Ich denke, das war mein Abschiedsspiel – es sei denn, ich werde noch gebraucht.» Für die Baggio-Fans ist es ohnehin klar: «Il Divin Codino» gehört ins EM-Kader.



(Quelle: ebund.ch)
 

Dimi

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#2
Ist schon schade....
Baggio war ein fantastischer Fussballer! Aber leider endet jede Karriere iregndwann mal...
 
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