Beide Seiten liegen da IMO nicht ganz falsch. Das Problem bei der Gleichberechtigung ist, dass primär versucht wird dies über Gesetze und mit der Brechstange umzusetzen - siehe Quotenregelung, statt Chancengleichheit. Das trifft natürlich auf Widerstand und Unverständnis, weil es "unnatürlich" wirkt auf Personen, die in ihrem Umfeld weiterhin täglich ein davon abweichendes Geschlechterbild erleben, je nachdem in welchem sozialen Umfeld sie sind.
Dem müsste man eigentlich tatsächlich damit begegnen, alle Seiten zu betrachten und auch eine Benachteiligung der Männer nicht einfach beiseite zu wischen, sondern eben im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Gleichberechtigung ebenfalls zu diskutieren - dann würden bestimmt nicht wenige Männer die sich bockig gegen diverse Maßnahmen zur Gleichberechtigung stellen mehr Verständnis aufbringen.
Daher wäre es aber insgesamt wichtiger, das Männer-/Frauen-/Geschlechter-Bild in vielen Punkten in der Wertschätzung von Tätigkeiten zu verbessern. Ich habe dafür jetzt kein Patentrezept, aber Ziel müsste es sein dass viele soziale Berufe mehr wertgeschätzt werden und auch andere historisch eher bei Frauen angesiedelte Tätigkeiten in Beruf und Familie. Dafür gibt es aber irgendwie keine Lobby - weil kein starkes wirtschaftliches Interesse dahintersteht.
Auch sollte es möglich sein, dass jemand der sich für eine bestimmte Rolle in einer Beziehung aus freien Stücken oder nach gemeinsamen Abwägen mit dem Partner entscheidet, dafür nicht benachteiligt oder schief angesehen wird. Da sind wir noch lange nicht und deswegen fällt es sowohl Frauen als auch Männern z.T. schwer das zu tun was Ihnen eigentlich liegt und aus dem typischen Rollenbild auszubrechen.
Ich kann nur Beispiele anführen, die ich auch selbst in meinem Umfeld erlebt habe - der Mann nimmt ein Jahr Elternzeit, wirkt zwar trotz Ankündigung kurz überraschend auf den Arbeitgeber, aber im Umfeld, gerade bei den Frauen kommt das meist gut an. Frau geht nach dem Mutterschutz/kurzer Elternzeit wieder arbeiten und allen fallen die Augen aus dem Kopf und es wird mehrmals überrascht nachgefragt. Ähnliches wenn der Mann Teilzeit und die Frau Vollzeit arbeitet - das wird oft noch mit Staunen quittiert, obwohl es selbstverständlich sein sollte - genauso darf es aber nicht als Frauen-Unterdrückung oder schwäche der Frau gelten, wenn das "klassische" Model bevorzugt wird. Man muss schon ein starkes Selbstbewusstsein mitbringen - und um das entweder bei den Feministen oder den Konservativen gleichermaßen als freie Entscheidung akzeptiert zu sehen, wird wohl erst noch die Hölle zufrieren müssen.
Genauso wie es schwerfallen wird, das immer noch typische Verhalten "nach oben" und "nach unten" den Partner zu wählen irgendwie zu normalisieren. Was ist mit Frauen, die mit besser gestellten Männern zusammenleben? Völlig normal, aber nur dann von Feministen akzeptiert wenn sie auch möglichst unabhängig bleiben. Der umgekehrte Fall? Immer noch die Ausnahme, wohl auch weil Frauen eben "schwächere" Männer nicht so attraktiv finden und die Männer es bei solchen Frauen schwer haben.
Solang sich die Gesellschaft dahingehend nicht in der Sichtweise und der Umsetzung im Alltag ändert, wird es beim Thema Gleichberechtigung und Chancengleicheit immer wieder Reibungspunkte geben.
Und dabei muss man dann auch noch die Rechte/Chancengleichheit für andere Gruppen, wie Homo-/Trans-Sexuelle/Diverse und Personen mit anderen Handycaps nicht außer Acht lassen. Viel Spaß dabei, es ist fast unmöglich geworden nicht irgendwo anzuecken, egal wie nett und liberal man im Privatleben eigentlich ist oder sein möchte. Es ist fast unmöglich geworden Themen wirklich differenziert zu diskutieren, da man ganz schnell in eine Ecke gestellt wird - das stört mich an der heutigen Gesellschaft am meisten und das finde ich abstoßender als Personen die für meinen Geschmack einfach nur zu weit rechts/links/zu liberal oder zu konservativ sind.