Das ganze Geschehen liegt schon einige Jahre zurück.
Der Papst ist auf Deutschlandbesuch und gab ein Essen für höchste kirchliche und staatliche Vertreter.
Zu seiner Rechten sitzt Kardinal Höffner als höchster kirchlicher
Vertreter und zu seiner Linken Richard von Weizsäcker als Bundespräsident.
Einen Platz weiter neben von Weizsäcker sitzt Helmut Kohl.
Vor dem Papst, und nur vor dem Papst, liegt ein wunderschönes, altes Essbesteck aus dem vatikanischen Museum.
Vor allem die kleinen Dessertlöffel, derer drei, haben es sowohl Helmut Kohl als auch Richard von Weizsäcker
angetan.
Der Papst redet gerade mit Kardinal Höffner bezüglich der Besetzung eines Bischofsstuhls mit einem Kandidaten rechter Gesinnung.
Kohl und Weizsäcker tuscheln wegen dieser einfach wunderschönen kleinen Löffel.
Es wäre zu schön, einen dieser Löffel als Andenken bekommen zu können.
Allerdings erscheint klar, dass wohl selbst der Papst nicht über diese Wertgegenstände des vatikanischen Museums verfügen kann.
Richard von Weizsäcker beginnt den Papst zu beobachten, der weiterhin in intensivem Gespräch mit Höffner versunken ist.
In einem Moment, in dem der Papst absolut tief in einen Gedanken absorbiert erscheint,
greift von Weizsäcker - trotz seiner sonstigen Integrität - hinüber und nimmt sich einen dieser Löffel.
Er steckt ihn in aller Ruhe in seine linke Hosentasche und blinzelt Helmut verschmitzt zu.
Der findet dies allerdings gar nicht so lustig. Der sonst so zurückhaltende Richard hat einen dieser Löffel. Und er nicht.
Er hat allerdings genau beobachtet, wie es Weizsäcker angestellt hat.
Es blieb ihm nicht verborgen, dass dieser einen kurzen Trancemoment des Papstes genutzt hatte.
Auch Kohl beobachtet nun den Papst. Und in der Tat, einen kurzen Moment später wirkt der Papst wider total abwesend, und Helmut greift blitzschnell über Weizsäcker hinweg ...
aber er stößt an Weizsäckers Weinglas, und alle Blicke gehen auf Kohl.
Wohl oder übel muss er eine Tischrede halten.
Eine ganze Zeit später ergibt
sich doch wieder eine neue Gelegenheit. Und Kohl greift wieder blitzschnell - und kommt wieder an das Glas. Routiniert hält er eine zweite Rede.
Er weiß, dass er diese Strategie nicht noch einmal riskieren kann.
Er grübelt und grübelt. Schließlich entspannen sich seine Gesichtszüge. Er wendet sich an den Papst und bringt das Gespräch auf Hobbys.
Er weiß, dass sowohl der Papst als auch Weizsäcker Sportfans sind.So wird eine ganze Weile über die sportlichen Fähigkeiten des Papstes geredet.
Wie von Kohl erwartet, fragt der Papst irgendwann zurück: Treiben Sie auch Sport, Herr Bundeskanzler, oder was sind Ihre Hobbys?? -
Oh ja?, sagt Kohl, und er triumphiert innerlich schon. ?oh ja, ich habe in meiner Jugend in Ludwigshafen Fußball gespielt.
Aber mein eigentliches Hobby war das Zaubern.? - ?Ach ja?? sagte der Papst erstaunt, ?
können Sie denn noch was von damals?? Kohl erwidert: ?Viel vermutlich nicht mehr.?
Nicht nur der Papst, auch Höffner, Weizsäcker und die anderen ermutigen Helmut Kohl, doch etwas aus dem Repertoire von damals zu versuchen.
Er willigt unter der Bedingung ein, dass ein Trick aber genug sei. Er beginnt:
Also! Ich nehme mir jetzt zum Beispiel einen dieser kleinen, wunderschönen Löffel, die vor dem Heiligen Vater liegen.
Ich stecke mir jetzt diesen Löffel deutlich sichtbar in meine Jackettinnentasche. Und wo hole ich den Löffel wieder heraus? Hier beim Herrn Bundespräsidenten aus der Hosentasche ...?
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